Tartu in Estland – ein idealer Ort zum Lernen
Eine berufsbildende Schule mit eigenem Hotel, Friseur, drei Restaurants, kostenfreiem Sportangebot für Lehrende und Lernende und einen Rechtsanspruch auf einen eigenen Arbeitsplatz. Dies und noch vieles mehr durften die diesjährigen Teilnehmenden der Erasmus+-Mobilität an die VOCO (Tartu Vocational College) erleben.
Estland verbanden die Teilnehmenden im Vorfeld mit vorbildlicher Digitalisierung und „weit weg“. Ein Land, in das man selten eine Urlaubsreise planen würde. Umso erkenntnisreicher waren die gemachten Erfahrungen. Dies lag auch am vielseitigen Programm der Partnerschule, denn die Verantwortlichen der Voco hatten eine abwechslungsreiche Mischung aus Kultur (z.B. Stadtbesichtigung), Einblicke in das estnische Bildungssystem (Vorstellung der Voco, gemeinsame Diskussionsrunde und gegenseitige Präsentation mit Studierenden des Lehramtes an der Universität Tartu) und zahlreichen Gelegenheiten zur Hospitation im Unterricht organisiert. Die individuelle Betreuung der Teilnehmenden durch Hosts der Partnerschule in den jeweiligen Unterrichtsfächern bzw. beruflichen Fachrichtungen ermöglichte nicht nur intensiven Einblick in Lerninhalte und Lehrmethoden, sondern einige deutsche Kolleg*innen erhielten auch die Möglichkeit, sich selbst als Lehrende mit estnischen Lernenden auszuprobieren. Ob ein Workout im Sportunterricht, Praxisunterricht in Holztechnik oder Menschenrechte im Politikunterricht, all dies wurde ermöglicht. Und wenn die Passung zwischen den beiden Bildungssystemen nicht von selbst gelang, wurden sinnvolle Möglichkeiten gesucht und gefunden. So konnten sich die estnischen Auszubildenden im Gastrogewerbe von einem deutschen Fachpraxislehrer und gelerntem Floristikmeister zeigen lassen, wie mit ein wenig Übung und praxisorientierten Tipps dekorative Blumengestecke entstehen können.
Vergleiche zwischen dem estnischen und dem deutschen Schulsystem konnten zahlreich gezogen werden: Beispielsweise sind die Unterrichtstage in Tartu oft deutlich länger als in Deutschland. Insbesondere im Praxisunterricht arbeiten die Auszubildenden oft sehr selbständig, die jeweiligen Lehrkräfte betreuen verhältnismäßig große Lerngruppen. Das dies durchaus gelingen kann, ohne dass Leerlauf im Unterricht entsteht oder die Lernenden zu „außerunterrichtlichen Tätigkeiten“ tendieren, konnten die Kollegen im Praxisunterricht beobachten.
Neben der Voco lernten die Teilnehmenden auch das Tartu Health Care College mit seinen unterschiedlichen Ausbildungsberufen in den Bereichen Pflege, personenbezogenen Dienstleistungen und Sozialpädagogik. Dabei beeindruckten das architektonisch interessante Gebäude und die modern ausgestatteten Labore und Praxisräume ebenso wie die vielfältigen Erasmus-Kontakte zu internationalen Schulen, u.a. in Deutschland.
Beim Kennenlernen des Schulsystems allein blieb es nicht: Bestens organisiert fand ein Besuch der Kunsthochschule mit Kaffeetrinken aus handgetöpferten Tassen sowie einer Forstschule statt. Hier konnten sich die Teilnehmenden über die jeweiligen Forstberufe und den Einsatz eines Harvester Simulators zum Schutz von Umwelt und Maschinen im Ausbildungsbereich informieren. Eine Wanderung durch das nahegelegene Moor mit Erkundung der regionalen Pflanzenwelt (hier konnten die Agrar- und Floristikkollegen ihr Wissen weitergeben) und der Besuch eines 1963 angelegten Gartens, in dem Bäume aus vier verschiedenen Kontinenten von Studierenden gehegt und gepflegt werden, folgten.
Auch kulinarisch kamen alle Teilnehmenden auf ihre Kosten. Dabei wurde das Café Werner zum Stammlokal erklärt. Beim Bier mit Kirschgeschmack schieden sich die Geister, aber an einem Punkt waren sich alle einig: Es war nicht die letzte Reise nach Tartu!